429,8 Mio. Euro jährlich – so hoch ist der Betrag, der den Städten, Gemeinden und Kreisen seit 1991 durch Eingriffe des Landes in den Kommunalen Finanzausgleich fehlt. Nach der Verfassung ist das Land verpflichtet, eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen zu gewährleisten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kommunen ihre gesetzlichen Pflichten auch erfüllen können, ohne immer neue Schulden zu machen.
Dazu dient der Kommunale Finanzausgleich. Er ist sozusagen ein Konto auf dem das Land die notwendigen Mittel bereitstellt. Kein Arbeitgeber kommt (hoffentlich) auf die Idee, vom Lohn einen Betrag abzuziehen, um damit die Geräte am Arbeitsplatz zu finanzieren. Das Land hingegen sieht das Konto als Möglichkeit, hiervon Mittel bereitzustellen, die es ansonsten aus originären Landesmitteln aufbringen müsste. Auf diese Weise spart das Land auf Kosten der Kommunen. Ob Personalkosten der Kindertagesstätten, deren Beteiligung das Land zugesagt hatte (über 6,3 Mrd. Euro zwischen 1991 und 2020) oder Betriebskostenzuschüsse des Bundes für Kindertagesstätten, die zwar weitergeleitet werden, aber dafür keine eigenen Landesmittel eingesetzt werden, obwohl dieses zwischen Bund und Ländern vereinbart wurde. Nicht immer ist der Eingriff ein Griff in die kommunale Kasse, aber auch ein Wegfall von zustehenden Mitteln ist schmerzlich. Indem die Direktzuweisungen der Grunderwerbsteuer abgeschafft wurden, fehlen den Kommunen im Finanzausgleich bis 2020 über 3,6 Mrd. Euro. Die Liste der sogenannten Befrachtungen ist lang und umfasst 16 Positionen. Auf diese Weise wurden und werden den Kommunen bis 2020 in der Summe rund 12,89 Mrd. Euro entzogen. Dies belegt nunmehr die „Analyse kommunaler Finanzströme in Rheinland-Pfalz – Finanzierbarkeit von Landeshandeln“ des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die kommunale Finanzmisere mit rund 6,1 Mrd. Euro Krediten zur Liquiditätssicherung, die lediglich aufgrund der guten Konjunktur und den erhöhten Zuweisungen des Bundes in den vergangenen Jahren nicht noch dramatischer ausgefallen ist.
Das ist Geld, das vor Ort dringend benötigt wird, um Straßen, Wege und Plätze zu unterhalten, den Kita-Ausbau weiter voranzubringen und den Bürgerinnen und Bürgern ein lebenswertes Umfeld mit ausreichend Schwimmbädern, Vereinsförderung, Spielplätzen oder die Verkehrswende z. B. mit einem besseren öffentlichen Personennahverkehr zu gestalten. Mit dem geplanten Kita-Zukunftsgesetz werden zudem weitere erhebliche Kosten auf kommunaler Ebene ausgelöst und bringt zahlreiche Städte und Gemeinden an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit.
Gegenüber dem Jahr 2017 hat sich der kommunale Finanzierungssaldo von 431 Mio. Euro im Jahr 2018 um 13 Mio. Euro auf 444 Mio. Euro verbessert. Allerdings hat sich die Anzahl der Kommunen mit negativem Finanzierungssaldo von 30 % auf 40 % erhöht. Dies zeigt mehr als deutlich, dass an dem System und der Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs erneut Korrekturen vorgenommen werden müssen. Auch die Konjunkturerwartung des Bundesfinanzministeriums wurde aktuell von 1,8 % auf 1,0 % korrigiert. Dies bedeutet, dass zukünftig zwar noch mit steigenden Steuereinnahmen zu rechnen ist, aber mit deutlich weniger Zuwachs als bisher.
Nahezu jährlich erheben Städte, Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden aufgrund ihrer Schlüsselzuweisungsbescheide Klage gegen die Landesregierung. Wenn in diesem Jahr die Klagen der Stadt Pirmasens, der Landkreise Kaiserslautern und Südliche Weinstraße, der Verbandsgemeinden Birkenfeld und Arzfeld sowie der Ortsgemeinden Lünebach, Ellweiler, Kronweiler und Neunkirchen verhandelt werden, wird das auch eine zentrale Aussage für alle Kommunen im Land sein, denn die Landesregierung hat erklärt, dass sie die Ergebnisse für alle anerkennen wird.
Wir gehen davon aus, dass wir mit der nun vorliegenden Analyse auch die Gerichte überzeugen, dass das Land dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofs 2012 mit der Reform 2014 nach einem spürbaren Beitrag nicht nachgekommen ist.
Das Land muss sachfremde Eingriffe in den Kommunalen Finanzausgleich unterlassen und für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen zum doppischen Haushaltsausgleich sorgen. Insbesondere brauchen wir dringend eine wirksame Entschuldung der Kommunen. Die Arbeit der Arbeitsgruppe Altschulden im Rahmen der Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse geht dem Ende entgegen. Die Landesregierung hat einen stellvertretenden Vorsitz. Wir sind gespannt, mit welchen Ergebnissen die Landesregierung zurückkommt. Es darf nicht sein, dass die Gemeinden und Städte in Rheinland-Pfalz in ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Bund und Land geraten. Das Land hat nicht nur die Pflicht, sich auf Bundesebene für ein kommunales Entschuldungsprogramm einzusetzen, sondern ist hier auch selbst gefragt.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 04/2019
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes